„Istanbul bei Nacht fehlt auf deiner Webseite“, sagt S., die uns hier hinauf geführt hat. „Dabei ist die Stadt bei Nacht eigentlich viel schöner als am Tag.“
„Es ist schwer, nachts brauchbare Bilder hinzubekommen“, erwidere ich. „Sie werden oft grobkörnig oder verwackeln oder das Licht scheint zu grell – wobei, nein: Ehrlich gesagt ist es Zufall.“
„Dann kannst du es ja jetzt ändern“, sagt sie, „ohne dass ich mich einmischen will in das, was du da machst.“
Ich schalte also die Kamera ein und schaue hinunter von der Dachterrasse des alten Luxushotels in Beyoğlu, wo vielleicht schon Pierre Loti oder Gerhard Hauptmann gesessen und über ihren schrecklich schönen, schön schrecklichen Orient nachgesonnen haben, wie man es als Europäer mehr oder weniger automatisch tut, sobald anstelle des vertrauten Glockengeläuts von Kirchtürmen die übereinander gelagerten Rufe der Muezzins von Minaretten hören sind. Noch ein sehnsuchtsvoll melancholisches Adjektiv für die Stimmung, die sich mit Einbruch der Dunkelheit über die Häuser gelegt hat, schon tauchen glutäugige Frauen hinter vergitterten Erkerfenstern auf ... Schlimm. Wenn ich ein Kabel am Kopf hätte, würde ich jetzt den Stecker ziehen, um den letzten Rest meiner gesellschaftlichen Verantwortung als Schriftsteller zu retten.
Dort unten gibt es neben „Köfte“ übrigens auch „Tavuk şiş“, „Çay“ und „Wifi.“